Abschied

…oder der Beginn eines neuen Lebensabschnittes.

Lange Zeit war ich nur noch als Leserin hier und die Berichte, die ich vor hatte zu schreiben, liegen noch auf der langen Bank. Nicht, dass ich keine Lust dazu hatte, es fehlte einfach die Ruhe dazu und die Zeit.

Zeit habe ich jetzt und die Ruhe stellt sich langsam wieder ein. Nach 32 Jahren in der gleichen Praxis bin ich seit Anfang diesen Monats im Ruhestand. Die letzten Monate waren ausgefüllt mit der Einarbeitung neuer Mitarbeiterinnen, nicht alle waren den gestellten Aufgaben gewachsen, aber jetzt übernimmt eine sehr nette und fähige Nachfolgerin meinen Part und ich kann beruhigt meine Freizeit geniessen. Nach so vielen Jahren möchte ja man alles geordnet zurück lassen.

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Der Abschied war sehr emotional, besonders von den Patienten, die ich teilweise über Jahrzehnte begleiten durfte und dabei so manches Private miterlebte. Ich hatte frühzeitig begonnen mich zu verabschieden. Alle die einen Termin nach meiner Zeit bekamen, informierte ich über den baldigen Ruhestand. Oft erntete ich Ungläubigkeit, ich könne doch nicht einfach gehen, ich gehöre doch zu dieser Praxis. Ob ich was Besseres gefunden hätte oder mich frühzeitig pensionieren lassen würde, sogar ob ich schwanger wäre und deswegen aufhören würde, fragte mich ein über 80jähriger Patient ;-).

In den letzten 2 Wochen wurden mir Blumen gebracht und sonstige Aufmerksamkeiten. Besonders in Erinnerung bleiben werden mir der Dankesbrief einer Patientin, der mir sehr zu Herzen ging und der Besuch einer alten Dame, die mir von ihrer kleinen Rente eine Blume brachte, mich fest in den Arm nahm und dabei weinte. Das liebe ich so an meinem Beruf, dass man mit Menschen zu tun hat und nicht nur mit toten Gegenständen.

Am letzten Tag tat mir der Chef fast ein bisschen leid. Er hatte mir u. a. einen wunderschönen Blumenstrauss gebracht und wir, d. h. meine Nachfolgerin, der Chef und ich sassen noch gemütlich zusammen. Danach ging es Schlag auf Schlag. Mehrere Hausbewohner kamen, um sich zu verabschieden. Kurze Zeit später kam die Kollegin vom Nachmittag mit ihren kleinen Zwillingen und sogar eine frühere Arbeitskollegin, die ich noch öfter privat sehe, schaute rein. Das war alles sehr berührend. Der Abschied vom Chef fiel dadurch fast zu kurz aus, aber wir haben uns später am Tag noch geschrieben.

Eine grosse Freude machte mir meine Nachfolgerin mit sehr herzlichen persönlichen Worten in einer Karte. Wir werden in Verbindung bleiben.

Es waren zurückblickend 32 gute Jahre in dieser Praxis, davon 21 Jahre mit dem ersten Chef und jetzt 11 Jahre mit seinem Nachfolger. Ich würde diesen Beruf jederzeit wieder ergreifen.

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Über traeumerleswelt

"Trenne dich nie von deinen Illusionen und Träumen! Wenn sie verschwunden sind, wirst du weiter existieren , aber aufgehört haben zu leben!" Mark Twain
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12 Antworten zu Abschied

  1. rummelschubser schreibt:

    Voll süß vom Chef und Personal 🙂 genieß die neuen Aufgaben 😀

  2. kormoranflug schreibt:

    Dann kann Dein weiteres Leben mit Elan losgehen.

  3. rotewelt schreibt:

    Sicher schon ein Einschnitt, vor allem, wenn der Abschied so lieb ist, doch nun hast du mehr (Frei)zeit und kannst andere Pläne verwirklichen!

  4. Labby schreibt:

    Das Leben ist halt einfach Veränderung. Wünsche Dir ganz viel Freude mit deiner neu gewonnenen „Freiheit“. Schön ist es, wenn das Berufsleben so enden kann, man selbst von allen geschätzt und geachtet wird und in so einem netten Rahmen auch noch von Patienten – welche sicher auch selbst ihr eigenes Päckchen zu tragen haben – verabschiedet wird. In meinem Bekanntenkreis konnte ich neulich mit erleben, dass dies nicht immer selbstverständlich ist. Eine Firma wurde an einen Nachfolger übergeben und die jungen (und dummen) neuen Leiter wussten nichts besseres als eine verdiente Mitarbeiterin, welche noch 2 – 3 Jahre Berufsleben vor sich hatte, aus der Firma zu mobben. Traurig und schade. Wünsche Dir und Familie alles Gute und freue mich mit euch für das schöne Ende.

  5. Philipp Elph schreibt:

    Dein letzter Satz sagt viel über Dein Berufsleben aus. Es ist gut, wenn man das sagen kann. Mir ging es ebenso und doch war/ist es schön, „ein neues Leben“ zu leben. Mir gefällt es besonders, weitaus weniger fremdbestimmt leben zu können, das zu tun, was ich schon immer machen wollte und vieles zu erleben, was ich zuvor noch gar nicht geplant hatte.

    • traeumerleswelt schreibt:

      Geniesse die „freien“ Tage auch sehr, am Morgen ohne Wecker aufstehen und alles in Ruhe machen zu können ohne Zeitdruck. Besonders die Morgenstunden, wenn alles noch ruhig ist, geniesse ich.
      Man muss sich einschränken, kann vielleicht nicht alle Reiseziele verwirklichen, die man sich in den letzten Jahren vorgestellt hat, aber das ist völlig ok für mich. Es gibt auch in der Nähe so viel Sehenswertes zu entdecken! 🙂

  6. cablee schreibt:

    Liebes Träumerle,
    ich wünsche dir für den neuen Lebensabschnitt nur das Beste, ganz viel Gesundheit, viel schöne Reisen, Wanderungen und Erlebnisse.
    Und ich hoffe: man liest sich… 😉

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